Kinky Dating 2: Wo kennenlernen?

Sich in der Newbie-Betreuung zu engagieren, bedeutet auch immer wieder mal die Frage: Wo lerne ich denn jemanden kennen zum Daten, der auch kinky ist?

Ehrlich gesagt nicht unsere Lieblingsfrage, weil sie nicht so einfach zu beantworten ist. Es wird nicht besser, wenn die Frage anders formuliert wird, wie zum Beispiel: Wo finde ich eine dominante Frau, die genauso aussieht, wie ich mir das wünsche, und total auf mich steht? Oder: Wo finde ich einen dominanten Mann, der super erfahren ist und maximal 21 Jahre alt, aber kein Arsch? Dating ist ohne Kink schon schwierig, aber mit Kink, pffff… Deswegen hier der Versuch einer Antwort, inklusive einem (selbstredend persönlichen) Rating von 1-10 wie gut es meiner Meinung nach dort klappen könnte (mit Betonung auf dem Konjunktiv):

Die reale Kink-Welt: 8/10. Stammtische, Munches, Play-Parties, Workshops sind wirklich wirklich wirklich nicht dazu da, als Partner*innenbörse zu fungieren. Aber hey, Du bist kinky, die dort sind kinky, statistisch betrachtet nicht mal so unwahrscheinlich, dass man dort jemanden kennenlernen könnte, der auf dasselbe steht, wie Du. Ob das dann auch menschlich hinhaut und man wirklich was miteinander zu tun oder zu spielen haben will, steht in einer anderen Statistik-Rechnung. Grundsätzlich also sehr zu empfehlen, um Gleichgesinnte zu treffen, Freundeskreise aufzubauen (wodurch man dann ja auch wieder Leute kennenlernt), falls aber der einzige Grund der Teilnahme ist, den Mensch fürs Leben (oder ne Dynamik) zu finden, eher schwierig. Aber, und das ist wohl der grösste Vorteil, immerhin ein Setting, wo man keine semi-unangenehme Outing-Gespräche mit Vanilla-Menschen führen muss. Das vorsichtige Abtasten fällt weg, ob das gegenüber kink-empfänglich ist, und es hat das Potenzial mit Begeisterung über die gemeinsame Leidenschaft zu sprechen.

Die reale Nicht-Kink-Welt: 5/10. Sexualität ist freier geworden, Kink ist verbreiteter geworden, also why not in der Vanilla Welt jemanden finden? Vielleicht ergibt sich da nicht gerade ein fundiertes Gespräch über verschiedene Shibari-Knoten, aber die Antwort «oh ja, dich fesseln fänd ich geil» findet sich vermutlich schnell mal. Ob  Dir das reicht, kannst nur Du beurteilen. Aber hey, Menschen eine neue Welt zeigen oder gemeinsam Neues entdecken, kann ja sehr aufregend sein. Um das je-nach-dem-unangenehme Outing Gespräch (oder nennen wir es das vorsichtige Abtasten) hingegen kommst Du wohl nicht herum.

Die Webseiten: 6/10. Von Fetlife (da sind alle) über Joy (immer verbreiteter, aber Swinger-lastig) bis zu Sklavenzentrale (ungefähr so alt wie MS-DOS und 16er-Modems), da findet sich doch sicher jemand, oder? Und es gibt ja Profile, also hat es ja absolute Dating-Zwecke! Schon, ja, aber jein. Weil online ist halt online, und da überprüft niemand, was so hingeschrieben wird. Ist ja nicht wie auf Facebook, wo auf ein tolles Bild vom Strand auf den Malediven von seiner Mutter der Kommentar folgt «Aber Kurt, du sitzt in meinem Keller in Niederbipp, poste doch nicht so einen Seich!» Sondern da steht dann halt beim Kurt «Ich bin der Krasseste und mache das Krasseste mit krass viel Erfahrung» ohne Korrektiv von Kurts Mami. (Wildes Bild, aber ich hoffe du verstehst mich) Und, so wie überall, wer ein weiblich zu lesendes Profil hat (auch ganz ohne Angaben oder Fotos), hat täglich mehr Anfragen in der Inbox als der Kurt je krasses erlebt hat. Wer die Stamina hat, sich durch diese Berge an Fake-Zeug durchzuboxen, ja, hat vielleicht tatsächlich die Chance, dort jemanden kennenzulernen. Und hier noch ein Pro-Tipp für das erste Date: Ein Stammtisch. Warum? Wetten, dass Kurt sich dort nicht hin getraut. Jaja, ich weiss, wir Kinksters sind soziale Aussenseiter und brauchen kein soziales Korrektiv. Aber gerade im Gefahrenszenario des Fake-Online-Doms ist so ein Realitätscheck vielleicht noch ganz gesund.

Die Kink-Dating-Apps: 4/10. Egal ob Feeld oder Kinkd oder was es auch immer an neuen, spezialisierten Kink-Dating-Apps gibt, abgesehen von der Online-Warnung von vorhin, kommt da erschwerend hinzu, dass es in der Schweiz nicht wahnsinnig viele User gibt. Klar, hat den Vorteil, dass die dort Anwesenden auch kinky sind (oder zumindest sich die Mühe machen, so zu tun,als ob), aber ja, nicht die grösste Auswahl – und fast immer mit einer Paywall verbunden, die die Sache nicht besser macht.

Nicht Kink-Dating-Apps: 4/10. Ja, die kriegen dasselbe Rating. Weil genauso viele andere wie Du in der genau gleichen Situation des komplizierten Kink-Datings sind, ist das statistisch nicht mal so unwahrscheinlich auf Tinder oder Bumble oder Grinder andere Kinksters anzutreffen (und auf OKCupdid gibt’s sogar noch Kink-Fragen!). Ein für Perverse lesbarer Profilbeschrieb wie «Aftercare rocks!» oder «Nur SSC/RACK» funktioniert vermutlich als gutes, erstes Aussiebeverfahren. Gerade als submissive Hetero-Frau kann man so einen Kink-Check machen beim Gegenüber in den ersten Chat Nachrichten, ohne von Bullshit überhäuft zu werden. Hat klar den Nachteil, dass sich erst im Chatverlauf herausstellen wird, ob beide auf dasselbe stehen.

Kink-Speed-Dating-Events: 6/10. Gibt’s nicht so oft, aber klingt nach der perfekten Gelegenheit, oder? Jep, ist nur mit dem Nachteil verknüpft, dass sich dort nicht unbedingt jemanden finden lässt, der zu Dir passt. Je nach Veranstalter kann es gewisse demographische Hürden mit sich bringen, aber an und für sich ein super Format und doch eher selten in der Schweiz.

Fetisch/Play/Kink-Party: 8/10. Alle sind vorfreudig, alle sind nervös, alle sind hungrig nach neuen und aufregenden Erlebnissen und unweigerlich lernen alle auch neue Menschen kennen. Ein wunderbares Setting um das auch zu tun. Je nach Ort und Veranstaltung nicht immer eine einfache Umgebung für ruhige Gespräche, aber an den meisten Parties problemlos machbar. Kurzum, ein guter Ort zum Kennenlernen von potenziellen Kinky-Date-Menschen.

Fazit: Dating ist und bleibt schwierig. Und doch sieht man an Play-Parties so viele Leute miteinander spielen, also scheint es nicht ganz unmöglich zu sein. Alles hat seine Vor- und Nachteile und kein Szenario befreit Dich davon, dich selbst zeigen zu müssen, verletzlich zu sein, zu flirten und ein «Nein Danke» zu riskieren. Aber das ist Okay und ja, ich sprech’s jetzt aus, so ist halt das Leben. Und auch wenn ich grösste Empathie dafür habe, wie anstrengend, frustrierend und entmutigend es sein kann, eine bessere Antwort hab ich nicht. Aber! Vielleicht ihr? Die Mit-Kinksters sind sicher dankbar, wenn ihr Eure Erfahrungen in den Discord Comments teilt!

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